“Es geht darum, ein Produkt zu liefern, das so ziemlich alles übertrifft, was man bislang in der Branche kennt”
Criteo hat vor Kurzem ein neues Angebot für kontextbezogene Werbung vorgestellt, das in der Branche so wahrscheinlich seinesgleichen sucht. Der perfekte Anlass also, um einmal länger mit CTO Diarmuid Gill darüber zu sprechen, wie sein Team arbeitet, was die kommenden Branchen-Trends sind und warum es strategisch so wichtig ist, bereits heute mit möglichst viel Kraft Innovationen im Bereich KI anzustoßen. Natürlich beschäftigt sich Diarmuid Gill auch mit der Zukunft des Targetings nach dem Ende der Third Party Cookies. Für ihn geht es dabei um nicht weniger als um “die Zukunft eines gemeinsamen Gutes namens Internet. Das ist nichts, was nur ein Unternehmen kontrollieren sollte”. Der CTO ist davon überzeugt, dass es wichtig ist, das offene Web zu schützen. “Die Menschen müssen Zugang zu freien und offenen Inhalten haben.”
Du kommst aus Irland, lebst aber in Paris. Wie fühlt sich das an: ein Ire in der französischen Hauptstadt?
Es ist superinteressant. Meine Frau ist Französin, meine Kinder sind also halb irisch, halb französisch. Natürlich vermisse ich Irland, vor allem jetzt, wo Reisen nicht möglich sind. Aber ich finde, es ist wirklich eine bereichernde Erfahrung, außerhalb des eigenen Landes zu leben und zu sehen, wie verschiedene Kulturen funktionieren und was passiert, wenn zwei unterschiedliche Kulturen zusammenkommen.
Bevorzugst du dann noch den guten irischen Whiskey oder schon den Bordeaux?
Definitiv den Whiskey.
Du bist seit über sechs Jahren bei Criteo und hast dich im Laufe der Jahre immer weiter zum CTO hochgearbeitet. Was ist dein Erfolgsgeheimnis?
Als ich zu Criteo kam, befand sich das Unternehmen noch in einer schnellen Wachstumsphase. Genau solche Phasen bieten auch viele Möglichkeiten. Zudem hatte ich das Glück, dass sich die harte Arbeit immer auszahlte und meine Teams immer gut abschnitten. Das baut wiederum eine Dynamik auf, die eine Karriere beflügeln kann.
Was meinst du, warum ist es eine gute Idee, in einer schnelllebigen Branche wie der unseren einem Unternehmen so lange treu zu bleiben?
In der IT-Branche gehören wir zu den Glückspilzen dieser Welt. Denn wir dürfen unser Hobby zum Beruf machen. Wir sind Geeks und wir sind stolz darauf. Wir lieben Programmieren. Ich code beispielsweise auch in meiner Freizeit. Wenn man eine Stelle gefunden hat, die zu den eigenen Werten passt, und mit tollen Leuten zusammenarbeitet, die einen jeden Tag auf eine sehr konstruktive und positive Weise herausfordern - warum sollte man dann gehen?
Corinna Hohenleitner und Diarmuid Gill im Gespräch
Veränderungen schaffen Chancen – für die, die schnell reagieren.
Wie hat sich Criteo in den sechseinhalb Jahren verändert?
Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, kamen wir gerade aus der Phase nach dem Börsengang an die Nasdaq. Wir waren schnell gewachsen, aber sehr auf ein einziges Produkt fokussiert: das Retargeting. Das sollte sich in den kommenden Jahren ändern. Der erste große Erfolg in Bezug auf die Diversifizierung war Retail Media – noch immer ein schnell wachsendes Geschäft, in dem wir eine Menge Potenzial sehen.
Bei einem Großteil unserer Bemühungen, neue Produkte zu entwickeln, setzen wir auf Diversifizierung. So haben wir die Palette der Features und Dienstleistungen, die wir unseren Kunden anbieten, erheblich erweitert und verfügen nun über eine viel robustere Basis.
Kannst du uns ein wenig mehr darüber erzählen, woran du und dein Team derzeit arbeiten?
Nehmen wir die kontextbezogene Werbung. Als vor etwas mehr als einem Jahr einige unserer Projektleiter darüber sprachen, in diesen Bereich einzusteigen, fragte ich sie: Gibt es das nicht schon längst? Welche Innovationen gibt es noch in diesem Bereich?
Und was haben sie geantwortet?
Dass sie mir das Gegenteil beweisen wollen. Sie haben einen Prototyp gebaut, der mit den bislang führenden Anbietern mithalten konnte. Unsere Idee: Wir kombinieren das Fachwissen im kontextbezogenen Bereich mit den Hunderten von Milliarden Commerce-Aktivitäten, die wir analysieren können. Das versetzt uns in die Lage, ein Produkt zu liefern, das so ziemlich alles übertrifft, was man bislang in der Branche kennt. Die meisten anderen kontextbezogenen Anbieter arbeiten nur mit dem Umfeld einer bestimmten Website. Wir profitieren hier nun allerdings davon, dass wir so viel in unsere KI-Fähigkeiten investiert haben.
Seit einigen Jahren investieren wir auch viel in den Bereichen Analytics, Attribution und Incrementality. Wir arbeiten hier mit einigen großen Kunden zusammen, die ehrlich wissen wollen, wie hoch die Rendite ihrer Werbeausgaben ist. Schließlich wollen sie wissen, welche Ausgaben wirklich einen Zuwachs bringen – gerade auch in Anbetracht der Veränderungen, die in unserem Ökosystem durch die Abschaffung des Cookies stattfinden könnten. Gerade in diesem Bereich wird es für Marketer und Publisher nicht einfacher, sondern eher schwieriger. Ich bin davon überzeugt, dass sich gerade deshalb auch die Investitionen auszahlen werden, die wir in diesem Bereich getätigt haben.
Sind diese ständigen Produktveränderungen eine Herausforderung oder eine Chance?
Veränderungen schaffen Chancen – für die, die schnell reagieren. Wie schon Darwin sagte: Es überlebt nicht der Stärkste, sondern der Anpassungsfähigste. Wenn wir also zeigen können, dass wir uns sehr schnell an die sich ändernden Umstände anpassen können, dann ist das eine große Chance für uns.
Du hast kurz die aktuelle Debatte über die Post-Cookie-Ära angesprochen. Wie beeinflusst die Diskussion über andere Online-Identifikatoren jetzt deine Arbeit?
Wir haben uns stark an der Debatte um die Zukunft der Online-Identifier beteiligt. Wir sprechen jede Woche im W3C (World Wide Web Consortium), dem Gremium für Web-Standards. Wir führen nicht nur sehr direkte Gespräche mit Google und dem Chrome-Team, sondern auch mit anderen. Dazu zählen Tech-Unternehmen aus der Branche wie The Trade Desk, Magnite oder MediaMath, aber auch Player wie Nielsen.
Schließlich geht es um die Zukunft eines gemeinsamen Gutes namens Internet. Das ist nichts, das nur ein Unternehmen kontrollieren sollte. Wir glauben, dass es wichtig ist, die Zukunft des offenen Webs zu schützen. Die Menschen müssen Zugang zu freien und offenen Inhalten haben und auch die Wahl haben, wo sie online einkaufen.
Im Gegensatz zu den GAFAs geht es bei uns immer um Anwendungen in der realen Welt.
Ein weiterer interessanter Bereich in deiner Abteilung ist das AI-Lab von Criteo. Was ist das eigentlich genau und woran forscht ihr dort?
Maschinelles Lernen war schon immer der Kern der kreativen Identität von Criteo. Bereits in der Entstehungsgeschichte des Unternehmens hat uns das von den Wettbewerbern abgehoben, in dem beispielsweise intelligente Maschinen das beste Preis-Leistungs-Verhältnis von Impressions vorhersagen konnten.
Vor drei oder vier Jahren gab es dann eine ganze Reihe von Innovationen rund um das Deep Learning. Das hielten wir bereits damals für so wichtig, dass wir beschlossen, diese Welle zu reiten. Deshalb haben wir intern das Criteo AI-Lab gegründet. Erst einmal ging es nicht darum, in bestehende Produkte zu investieren, sondern in Fähigkeiten.
Ein Projekt, an dem das Criteo AI-Lab arbeitet und für das wir bereits ein erstes Produkt gebaut haben, unterstützt die Brand Safety, indem es dabei hilft, die richtigen Produkte im richtigen Kontext zu zeigen. Auch hier waren wir wieder schnell in der Lage, das führende kommerzielle Produkt, das im Internet verfügbar war, innerhalb von wenigen Monaten zu schlagen.
Im Gegensatz zu den GAFAs ("Google, Amazon, Facebook, Apple") geht es bei uns immer um Anwendungen in der realen Welt. Jeder einzelne Forscher, jeder einzelne AI-Ingenieur arbeitet mit dem Ziel, seine Arbeit in die Produktion einzubringen, um dem Unternehmen, unseren Partnern und den Nutzer einen Mehrwert zu bieten. Wir möchten, dass man die Früchte unserer Arbeit wirklich sehen kann.
Vielen Dank. Ich schätze, ich schulde dir ein gutes Glas Whiskey für all diese Einblicke, wenn wir uns das nächste Mal persönlich treffen können.
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